МОСКВА, ЕВАНГЕЛИЧЕСКО-ЛЮТЕРАНСКАЯ ОБЩИНА СВВ. ПЕТРА И ПАВЛА
22 Января 2012 года
3. Sonntag nach Epiphanias
Brief des Apostels Paulus an die Römer, Kap. 1, V.16-17
Ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
Перевод: 3 воскресенье после Богоявления
Wer soll das Evangelium verkünden, wer soll der Welt von Christus erzählen, jener Welt, die sich in Finsternis und im Schatten des Todes befindet? Wenn wir schauen, was die Hl. Schrift dazu sagt, dann wird es offensichtlich, dass jeder Christ dazu aufgerufen ist das Evangelium zu verkünden. Aber in der Praxis sieht das ganz anders aus: die Botschaft von Christus, dem Erlöser, wird nur vom Pfarrer verkündet, und auch nur innerhalb der Kirchenmauern. Wobei die Leute, die am Gottesdienst teilnehmen, sowieso von Christus wissen. Dieses Wissen ist ja der Grund, warum sie sich versammeln, um Gottes Wort zu hören und an den Sakramenten teil zu haben. Die Gemeinschaft der Heiligen, d.h. derer, die Christus treu sind, ist sehr wichtig, denn dadurch wird der Glaube gefestigt. Aber die Aufgabe eines Christen ist es in erster Linie, denen, die in der Finsternis und im Schatten des Todes sitzen, die Frohe Botschaft zu verkünden. Das heißt, dass das Zeugnis außerhalb der Kirchenmauern, außerhalb des Gottesdienstes, viel wichtiger ist. Wie wir schon am letzten Sonntag gesagt haben, beschränkt sich die Liturgie, d.h. das gemeinsame Handeln des Volkes Gottes, nicht auf den Gottesdienst, die Bibelstunde oder die Sonntagsschule. Sie soll jeden Tag stattfinden! Soll - aber geschieht das auch wirklich? Wenn wir ehrlich sind, fürchten wir uns davor, offen Zeugnis abzulegen über den Erlöser. Wir ziehen es vor, unseren Glauben bei uns zu behalten. Aber warum? Weil wir ein ruhiges Leben vorziehen? Weil wir fürchten, unser Image in den Augen unserer Nächsten zu beeinträchtigen? Oder meinen wir, dass die Verkündigung der Frohen Botschaft nicht nötig ist angesichts dessen, was im Lande und in der Welt vorgeht?
Tatsächlich, wenn man aus den Medien die Pornografie, die Gerüchte und die Skandale wegnimmt, dann kommen die wirklichen Probleme ans Licht: die Vertrauenskrise in die Staatsmacht in Russland, die Krisis der Eurozone, die Ungewissheit über die Folgen einer möglichen Invasion in den Iran, die beunruhigenden Prognosen über die Erdölvorräte usw. Ein Problem nach dem anderen. Alle sind sie sehr real, sehr wichtig und erfordern Lösungen. Und da werden wir mit einem Christus und einem Himmelreich daherkommen – Anachronismus, Narrheit, nichts anderes.
Und dann, wozu sollen wir, eine kleine Gemeinde, etwas tun, wenn es dafür große kirchliche Organisationen mit einem breiten Betätigungsfeld gibt? Wozu braucht jemand unser Zeugnis, wenn sowieso Kirchen eröffnet und gebaut werden, wenn Klöster wieder ins Leben gerufen werden und so weiter in der Art. Tatsächlich, in nur 20 Jahren zwischen 1988 und 2008, hat sich die Anzahl nur der orthodoxen Kirchengemeinden in Russland von fast 7000 auf 29000 erhöht, die der Klöster von 21 auf fast 500. Aber in derselben Zeit wurde Russland weltweit führend in der absoluten Abnahme der Bevölkerungszahl, der Ehescheidungen, der Anzahl unehelich geborener und von den Eltern verlassener Kinder, der Anzahl von Abtreibungen, der verkauften Alkoholmengen und des Konsums von Heroin. Also, müssen wir über Christus reden? Ganz offensichtlich ist es notwendig, denn – wie der Apostel Paulus sagt – das Evangelium ist die Kraft zur Rettung. Die Rettung wird nicht durch die Anzahl der Kirchengebäude ausgedrückt, sondern durch den Glauben, durch das Vertrauen in Gott, durch das Vertrauen auf Christus.
Und man braucht nicht zu glauben, dass die zukünftige Ewigkeit nichts mit unserer Zeit zu tun hat. Die Probleme des Landes können auf verschiedene Weise gelöst werden. Man kann sie lösen im Geiste Christi, ausgehend von der Liebe zum Nächsten, oder man kann sie lösen auf mehr traditionelle Art im Geist von äußerstem Egoismus, wenn das einzige Interesse am sofortigen Gewinn besteht, und die Zukunft keine Bedeutung hat.
Aber wie kann man Probleme im Geiste Christi lösen, wenn man über ihn nicht zu denen spricht, die ihn nicht kennen? Unser Schweigen gibt allem möglichen Bösen zusätzliche Chancen zu triumphieren. Martin Niemöller, eines der führenden Mitglieder der „Bekennenden Kirche“ während der Nazi-Zeit, hat einmal gesagt: „Als man die Katholiken verhaftete, habe ich geschwiegen, denn ich bin kein Katholik. Als man die Juden verhaftete, habe ich geschwiegen, denn ich war kein Jude. Als man die Kommunisten verhaftete, habe ich geschwiegen, denn ich war kein Kommunist. Als man kam um mich zu verhaften gab es niemanden mehr, der etwas hätte sagen können.“
Protestaktionen, auch die, deren Zeugen wir kürzlich waren, sind sicher nützlich und haben ihre Berechtigung, aber sie kämpfen gegen die Folgen der Gesetzlosigkeit, während das Wort von Christus sich gegen ihre Gründe wendet. Der Grund für jegliche Gesetzlosigkeit jedoch ist die Feindschaft des Menschen gegen Gott, das Fehlen des Friedens mit ihm, die Nicht-Anerkennung seiner Autorität. Und genau darum ist die Verkündigung des Evangeliums die Kraft zur Rettung nicht nur für die Ewigkeit sondern auch in unserer sichtbaren Welt.
Die Nachfolge Christi, das Vertrauen in ihn, eröffnet den Weg zum Frieden mit Gott; der Friede mit Gott eröffnet den Weg für die Wirkung des Heiligen Geistes; der Hl. Geist eröffnet den Weg zur inneren Verwandlung, die dazu führt, dass das Leben des Menschen sein Streben nach der Wahrheit Gottes widerspiegelt. Und wenn die Bevölkerung des Landes nach Gottes Wahrheit strebt, dann ist das wirklich die Rettung für das Land und für das Volk. Und zwar sowohl in der Ewigkeit als auch im hiesigen Sein. Denn wenn die Leute wirklich zu Gott streben und seine Gebote zur Grundlage ihres Lebens machen, dann sind jene schlimmen Erscheinungen, von denen wir gesprochen haben und die mehr Schaden anrichten als Kriege, nicht mehr möglich.
Es ist nicht möglich sich zu retten, wenn man in Feindschaft zu Gott lebt. Mit ihm muss man Frieden schließen, und das ist nur möglich durch Christus, den zu verkünden wir aufgerufen sind. Der Glaube kommt vom Hören, vom Hören des Wortes Gottes.
Aber wie kann man das Wort hören, wenn es von niemandem verkündet wird? Wir haben keinen Grund zu schweigen. Wenn wir sagen, dass wir Gott lieben, heißt das, dass wir auch unseren Nächsten lieben müssen. Und wenn wir unseren Nächsten lieben, dann müssen wir ihm die Frohe Botschaft sagen, denn es ist uns nicht egal, was aus ihm wird. Oder werden wir zusehen wie er stirbt, obwohl wir die rettende Wahrheit kennen? Natürlich ist ein ruhiges Leben einfacher. Aber für alles muss man bezahlen. Was ist der Preis für die Ruhe? Es kommt der Tag, da wir uns vor Gott verantworten müssen für die Nutzung der Gaben, mit denen er uns beschenkt hat, für den Umgang mit der Wahrheit, die er uns eröffnet hat. Und wenn diese Wahrheit und diese Gaben als totes Kapital gelegen sind, wenn sie nicht in Umlauf geschickt wurden und Gewinn gebracht haben, werden wir dann nicht das Schicksal jenes Knechtes aus dem Gleichnis von den Talenten erleiden, jenes Knechtes, der sein Talent in der Erde vergraben hat?
Christus ist für die Sünden der ganzen Welt gestorben. Nicht ein einziger Mensch ist von vornherein von der Möglichkeit der Rettung ausgeschlossen. Und das heißt, dass es niemanden gibt, der die Verkündigung des Evangeliums nicht nötig hätte. Sie wird gebraucht von den anscheinend Gottlosen, von denen, die von einem unverständlichen „Gott in der Seele“ reden, und von denen, die alle möglichen „Lehren“ verbreiten, welche nicht wahrer werden dadurch, dass ihnen Millionen Leute folgen. Die heutige verdorbene und in Gottlosigkeit verfallene Welt braucht die Mission der Kirche noch mehr als zur Zeit der Apostel. Und um Missionar zu werden braucht man nicht in irgendwelche Länder der Dritten Welt zu fahren, die übrigens heute weit vor Europa liegen, was den Glauben betrifft. Unseren missionarischen Dienst brauchen in erster Linie unsere Landsleute, unsere Nächsten.
Nur hat es keinen Sinn zu warten, bis jemand kommt und dich nach der Wahrheit fragt – sonst kann man vielleicht bis ans Ende seiner Tage warten. Der Apostel Paulus ist nicht sitzen geblieben und hat gewartet. Er ist losgegangen und hat damit ein Beispiel gegeben, was jeder Christ tun soll. Die Apostel hatten keine schönen Kirchengebäude. Sie hatten sogar Konflikte untereinander. Man braucht sich nur an die Beziehungen zwischen Paulus, Markus und Barnabas zu erinnern. Aber das hat sie nicht gehindert, Zeugnis abzulegen von Christus und seinem Evangelium. Deshalb können irgendwelche Hinweise auf ungünstige Bedingungen nicht als Ausrede für unsere Tatenlosigkeit dienen. In unseren Händen befindet sich die größte Wahrheit, auf die man stolz sein muss und nicht sich schämen. Ohne auf günstige Lebensumstände zu warten muss man sie mit seinen Nächsten teilen, damit auch diese an Christus glauben, und dieser Glaube sie nicht nur in die Ewigkeit bringt, sondern zu einem Leben unter Christi Gnade schon in dieser Welt. „…ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden … wie geschrieben steht: „der Gerechte durch den Glauben wird leben.““. Amen.