МОСКВА, ЕВАНГЕЛИЧЕСКО-ЛЮТЕРАНСКАЯ ОБЩИНА СВВ. ПЕТРА И ПАВЛА
06 Мая 2012 года

4. Sonntag nach Ostern – Cantate (6. Mai 2012)


Kol.3,12-17

12Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen,Güte, Demut, Milde, Langmut!

13Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie auch der Herr euch vergeben hat, so auch ihr!

14Zu diesem allen aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist!

15Und der Friede des Christus regiere in euren Herzen, zu dem ihr auch berufen worden seid in einem Leib! Und seid dankbar!

16Das Wort des Christus wohne reichlich in euch; in aller Weisheit lehrt und ermahnt euch gegenseitig! Mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern singt Gott in euren Herzen in Gnade!

17Und alles, was ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn!

Ostern, der Tag der Auferstehung Christi, ist das Zentrum des Kirchenjahres und des christlichen Lebens. Die Auferstehung des Herrn ist Gegenstand, der innerste Kern, unseres Glaubens, denn – wie Paulus sagt – wenn Christus nicht auferstanden ist, ist euer Glaube vergeblich. Ostern ist nicht nur einfach eine Erinnerung an längst vergangene Ereignisse. Er spiegelt auch die gegenwärtige Wirklichkeit wider, denn Christus ist unser Zeitgenosse. Wer etwas anderes behauptet, kann sich nicht Christ nennen. Eine andere Frage ist es, wie wir, die Nachfolger des Herrn, seine Gegenwart aufnehmen.

Seit es wieder möglich ist über Themen zu sprechen, die früher verboten waren, wird sehr viel über die Verfolgung der Kirche in Russland geredet, über die Unterbrechung der christlichen Tradition, über die Verfälschung des Bewusstseins, den Verlust der früher gültigen Werte und über die daraus resultierenden Probleme der jetzigen Generation russischer Christen. Das ist alles richtig. Aber gab es zur Zeit des russischen Imperiums - als die Kirche nicht nur nicht verfolgt wurde, sondern eine der Säulen des Staates war - keine Verfälschung des Bewusstseins, keinen Verlust von Werten? Wenn alles so vortrefflich und Russland wirklich heilig war, wieso gehörten zum täglichen Leben der Gesellschaft in jenen „wunderbaren Zeiten“ Ungerechtigkeit, Gesetzlosigkkeit, Bestechlichkeit und so weiter? Heute ist es modern über Leute zu schimpfen, deren Tätigkeit den bolschewistischen Umschwung ermöglicht hat, aber solche Tätigkeit kommt nicht von ungefähr. Was war der Grund dafür? Genau das, was auch heute der Grund für die Probleme des Volkes Gottes ist – die Abwesenheit Christi im täglichen Leben.

Kein Christ stellt in Abrede, dass Jesus auferstanden ist, aber nicht sehr viele gehen davon aus, dass er sich mitten unter uns befindet. Er ist irgendwo da oben, im Himmel, für sich, und wir sind hier unten, auch jeder für sich. Im Endergebnis bedeutet das, dass Christus nicht mehr eine Kraft ist, die das tägliche Leben beeinflusst. Wir ziehen es vor, nach unserem eigenen Kopf zu leben, zu tun, was wir für notwendig halten. Und sogar, wenn wir als Folge von Irrtümern und Sünden Probleme bekommen, suchen wir Halt und Trost nicht bei Christus sondern bei unseren Nächsten. Wenn man sich das so anschaut, könnte man meinen, dass für viele Leute Christus entweder eine Abstraktion ist, oder einer der Weisheitslehrer der Vergangenheit, der ein System von Moralgesetzen aufgestellt hat. Jedenfalls ist das Verhältnis zu ihm genau so.

Aber das ist kein Christentum! Denn für den Christen ist Jesus Christus keine Abstraktion, sondern eine Persönlichkeit, mit der er ständigen Umgang hat. Keinen formellen Umgang, der sich im mechanischen Herunterleiern des Vaterunser während des Gottesdienstes erschöpft, sondern ein zutiefst persönliches Verhältnis, wo der Gläubige aus allen Kräften zum Herrn hinstrebt, zu einer Harmonie seiner Seele mit Gottes Willen; wo er sich bemüht, sich selbst und seine Taten aus der Sicht der göttlichen Gerechtigkeit zu betrachten und zu verstehen, ob sie wert sind getan zu werden. Und deshalb hat uns der Apostel Paulus geschrieben: „Und alles, was ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn!“

Wir beurteilen unsere Pläne und unsere Taten nicht aus der Sicht menschlicher Moral sondern nach Christi Willen. Kann man dieses oder jenes Werk Ihm weihen? Kann man um Billigung der Pläne bitten? Und wenn man versteht, dass nicht, Abstand davon nehmen. Übrigens, haben Sie bemerkt, dass Paulus nicht nur von Werken spricht sondern auch von Worten. Worte müssen genauso gut durchdacht sein wie Taten, denn auch Worte können zur Sünde führen oder Sünde sein. Wenn alle, die sich Nachfolger Jesu nennen, sich so verhielten, um wieviel besser wäre unsere Welt! Wieviel Nichtswürdiges und Abscheuliches verschwände auf Nimmerwiedersehen! Wie könnte es nicht verschwinden, wenn zu demjenigen, der seine Taten und Vorsätze Gott weiht und nach Seinem Willen handelt, Gottes Reich kommt, von dem Paulus sagt: „… der Friede des Christus regiere in euren Herzen, zu dem ihr auch berufen worden seid…“.

Der Friede Gottes, das ist ein besonderer Zustand, der den Gläubigen über das Chaos des Alltags hinaus hebt, das ist eine Berührung mit der Ewigkeit, das ist die Möglichkeit, auf den Alltag aus der Sicht der Ewigkeit zu schauen. Dank diesem Blick sieht der Gläubige den echten Wert der Dinge, ihre wahre Wichtigkeit, wird er fähig, sich nicht mit Unwichtigem zu verzetteln sondern sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und was ist das Wesentliche? Die Liebe, von der der Apostel sagt: „Zu diesem allen aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist!“

Was ist das für eine Liebe? Kein exaltiertes Oh und Ah, sondern geduldiges und demütiges Dienen, gemeinsames Tragen der Last. Wir dienen den Nächsten, sehen in ihnen das Antlitz Gottes; deshalb sagt auch die Hl. Schrift, dass es nicht möglich ist Gott zu lieben, aber den Nächsten zu hassen. Warum ist Liebe das Band der Vollkommenheit? Weil sie es möglich macht, das zu tun, wovon Paulus schreibt: „Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut! Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie auch der Herr euch vergeben hat, so auch ihr!“

Die Gegenwart Christi in uns, die Möglichkeit, die Welt mit seinen Augen zu sehen, durchdrungen zu sein von seiner Liebe – das gibt uns die Möglichkeit so zu leben, wie es der Apostel uns aufträgt, und zwar nicht gezwungen, nicht leidend unter diesem Joch, sondern natürlich und frei zu leben, weil wir verstehen, dass ein anderes Leben nicht möglich ist, weil es nicht zum Heil führt, das heißt, zur Erfüllung von Gottes Willen auf dieser Erde.

In unserer Zeit scheint das Wichtigste Konsum. Die Leute suchen in erster Linie den eigenen Vorteil und Komfort. Aus diesem Blickwinkel wird auch die Kirche betrachtet. Viele kommen zu ihr auf der Suche nach eben diesen Gütern. Denn es ist ja kein Geheimnis, dass man sich in der Kirche gemütlich einrichten und nicht schlecht verdienen kann. Die Skandale der jüngsten Zeit haben das gezeigt. Und viele Gläubige betrachten ihre Anwesenheit in der Kirche auch als eine Art Vorteil, zwecks Teilhabe am Reich Gottes. Irrtum! Christus braucht keine Nachfolger, die einen Vorteil suchen oder Angst vor Strafe haben. So verhalten sich Sklaven, aber Christus ist gekommen, um uns frei zu machen. Und ein freier Mensch folgt Ihm nach aus anderen Gründen.

In dieser Welt liegen das Heil und das Böse eng nebeneinander, und das stellt jeden Menschen vor die Notwendigkeit der Wahl, welchem von beiden er den Vorzug gibt. Wenn du das Heil wählst, wirst du sehr schnell verstehen, dass die eigenen Kräfte nicht ausreichen dabei zu bleiben. Die eigene Sündhaftigkeit im Verein mit dem Bösen von außen sind dauernd am Werk, um dich vom erwählten Weg abzubringen. Und deshalb suchen wir Halt bei Christus. Nicht um eines Vorteils willen, sondern dazu, dass wir in der Wahrheit bleiben können, um das Böse zu vertreiben. Nicht, weil sie irgendwelche Vorteile bringt, sondern weil sie die Wahrheit ist. Und das Reich Gottes, zu dem wir streben, ist die vollkommene Wahrheit.

Das Streben nach Gemeinschaft mit Christus bringt aus weltlicher Sicht keinerlei Vorteil. Eher im Gegenteil. Und sicher ist es viel einfacher, im Bösen zu leben, das heißt, außerhalb Christi, oder rein formell sein Vorhandensein zuzugeben. Für so ein Leben reichen die eigenen Kräfte auch völlig aus. Aber das führt zum Verlust. Jeder Mensch, sogar der am tiefsten gefallene, ist ein Werk Gottes. Sogar im schlechtesten Menschen glüht ein Funke Gottes, ein unvergänglicher Teil des göttlichen Wesens, das wir Seele nennen. Diesen Teil zieht es zu Gott, zur Einheit mit Ihm, zum richtigen Weg. Nicht zum guten oder schlechten, nicht zum bequemen oder unbequemen, nein, zum richtigen. Die Bewegung in Richtung Böse, obwohl viel bequemer, ist nicht richtig. Deshalb fängt ein Mensch, der im Bösen lebt, an, einen quälenden Zwiespalt zu empfinden. Diese Zweiteilung kann man auf verschiedene Art überwinden. Zum Beispiel durch Reue, wie der Räuber am Kreuz. Oder man kann sich endgültig verderben, indem man den göttlichen Funken so lange mit Dreck bewirft, bis man ihn nicht mehr fühlt. Natürlich kann man, aber wohin führt das?

Wir folgen Gott nicht aus Angst vor Strafe, nicht um einen Vorteil zu erlangen. Wir folgen Ihm, weil dieser Teil in uns das Gedächtnis an den Vater bewahrt und uns zur Wiedervereinigung mit Ihm drängt. Die Welt ist zwiespältig. Wir selbst sind zwiespältig. Das Gute und das Böse sind nicht nur um uns, sondern auch in uns: wofür entscheiden wir uns? Das Böse verschwindet nicht, es bleibt, aber in der Nachfolge Christi sind wir nicht mehr Sklaven des Bösen. Wir kämpfen dagegen, nach außen und nach innen, damit wir einen vollkommenen und endgültigen Sieg erringen, wenn wir in das Reich Gottes eingehen. Und deshalb dürfen wir auf gar keinen Fall Christus von unserem Alltag trennen. Jeder Tag unseres Lebens muss untrennbar mit Christus verbunden sein, wie es der Apostel Paulus gesagt hat: „Und alles, was ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn!“ Amen.


Другие проповеди на немецком языке...